… mit Studierenden, … mit Praxislehrpersonen, Allgemein

Mit Freude am Rande der Komfortzone – mein Lieblingsbild

Tobias Leonhard | 23. Oktober 2018

Diese Woche trafen sich die Neustudierenden in den Einführungsveranstaltungen mit den Praxislehrpersonen für ihr erstes Praktikum. Das Auftaktbild war das obige – es schmückt auch unsere Homepage. Das Bild stammt aus einer Serie von Fotos, die Theo Gamper (Solothurn) für die Berufspraktischen Studien erstellt hat. Ich habe dieses Bild – durchaus programmatisch – als Sinnbild für die Arbeit in den Praktika gekennzeichnet. Denn wer genau hinschaut und selbst mal so geschaukelt hat wie der Junge auf dem Bild, erkennt den «Grenzcharakter» der hier im richtigen Moment eingefangen wurde. Es ist der Punkt, an dem die Ketten der Schaukel «weich werden», an dem Schwingen im festen Radius wenigstens ein bisschen auch ins Fallen übergeht. Die damit verbundene Erlebnisqualität ist dem Jungen ins Gesicht geschrieben – es ist aufregend, sich an dieser Grenze zu bewegen, es lauern neue Erfahrungen – aber auch ein Stück Ungewissheit – gar Gefahr: Kann ich noch höher schaukeln,  was passiert dann, was nützt es hier noch, sich gut festzuhalten?

Mehreres ist daran sinnbildlich: Der Junge ist genau an dem Punkt, an dem etwas Neues beginnt und an dem Lernen möglich wird. Der Weg zu diesem Punkt ist Routine, wer so hoch schaukeln kann, kann schon richtig schaukeln. Analoges wäre mein Wunsch für Studierende im Praktikum. Jede/r Studierende bringt eine Vielzahl von «Ressourcen» ins Praktikum mit, die sie zum Nutzen der Kinder einsetzen kann. Das Praktikum ist der Raum, an dem die Erfahrungen mit der beruflichen Praxis möglich werden. Das gezielte und geplante Aufsuchen neuer Erfahrungen, die Ausweitung der Komfortzone, die an ihrer Grenze geschieht, an den Grenzen dessen was man schon kann, ist das Ziel des Praktikums.

Ein etwas ambivalentes Sinnbild sind die Ketten. Im Bild geben sie Halt – auch über den Punkt hinaus, der hier so gut eingefangen ist, denn selbst wenn sie dort nicht mehr tragen, kann man sich an ihnen noch festhalten. Das führt mich zur Frage, wie die Praxislehrpersonen in dieser Bildanalogie zu verorten wären: Im Bild ist niemand da, der den Jungen anschiebt – sicher die Idealerwartung, dass Studierende alleine die Grenzen der Komfortzone suchen. Wer weiss, wie Kinder schaukeln lernen, weiss aber auch, dass ein vorübergehender, wohldosierter «Schubs» erste Erfahrungen ermöglicht, oft auch die Bedingung dafür ist, dass Kinder im Vor und Zurück den eigenen Rhythmus finden.  Wann er erforderlich ist, welcher Impuls der richtige ist, ist nicht eindeutig zu sagen. Dass er aber besser angekündigt als überraschend kommt, dass er sorgfältig zu dosieren ist, weil sonst im Schreck Freude und Herausforderung auf der Strecke bleiben, das kann man ziemlich genau festhalten.  Im Hintergrund des Bildes sieht man auch die Lehrperson. Sie ist da. Zumindest in der Nähe und im Zweifelsfall schnell zu Stelle, aber sie kontrolliert nichts, lässt den Dingen ihren Lauf, im Vertrauen, dass der Junge seine Grenzen kennt. Und das ist doch auch noch einmal ein Sinnbild für die kontextsensible Begleitung unserer Studierenden durch kluge und erfahrene Praxislehrpersonen.

zurück zu allen Beiträgen

Kommentare

Keine Kommentare erfasst zu Mit Freude am Rande der Komfortzone – mein Lieblingsbild

Neuer Kommentar

×